Die Musik des kroatischen Komponisten und Dirigenten Igor Kuljeri? (1938–2006) ist außerhalb seiner Heimat nahezu unbekannt. Daran sollte die vorliegende Aufnahme einiges ändern: Das 1995/96 entstandene „Glagolitische Requiem“ gilt seit seiner Uraufführung als das zentrale geistliche Werk Kroatiens.
Die Kirchenmusik der mehrheitlich katholischen Kroaten, die ihre Gottesdienste schon seit dem Mittelalter in ihrer Landessprache feiern durften, geht auf mündlich weitergegebene Melodien zurück, die auch Einflüsse aus der Volksmusik aufweisen. Kuljeri?s Requiem ist sowohl ein musikalisches Bekenntnis zur kulturellen Identität der jungen Republik als auch ein gelungener Versuch die alte orale Tradition der Liturgie Kroatiens aufzugreifen und zu einem Kunstwerk zu verdichten. Vertont wurden die Gesänge der Glagoliza, der ersten slawischen Schrift. Glockenklänge und psalmodierende Chöre sorgen bereits im Introitus für eine sakrale Grundstimmung, ein tief empfundenes musikalisches Totengebet.
Die Aufnahme des Werks durch den Chor des Bayerischen Rundfunks und dem Münchner Rundfunkorchester unter Ivan Repuši? unterstreicht den Stellenwert des Requiems als eine der herausragendsten Sakral-Kompositionen des späten 20. Jahrhunderts.